Mobile, Mixed Media Installation (2013)

Die Arbeit Mobile bezieht sich auf die traditionelle Form des Stammbaumes, in der vor allem in vergangenen, adeligen Zeiten die eigenen Herkunft dokumentiert wurde. Zugleich erinnert das Mobile aber auch an das Flussdiagramm, eine Darstellungsform, die häufig in Präsentationen zu finden ist. Hier werden, vor allem im wissenschaftlichen Kontext, bevorzugt prozessuale Zusammenhänge und Entscheidungsfolgen dargestellt. Die Form symbolisiert die Vielzahl der Entscheidungsmöglichkeiten, die eine individualisierte Gesellschaft als Versprechen der Freiheit bereithält. Zugleich spricht daraus die Überforderung, die diese Freiheit mit sich bringt. Bereits lang zurückliegende Entscheidungen führen über verschlungene Pfade unter Umständen zu nicht vorhersehbaren Konsequenzen. Die vielfältigen Entscheidungsmöglichkeiten finden sich in Form der Gestaltung der eigenen Biografie, die als „Bastelexistenz“ (Ulrich Beck) in einem sehr großen Maß stärker vom eigenen Willen bestimmt zu sein scheint als von der eigenen Herkunft. In spezifischerer Weise spiegelt sich hierin aber auch der Ablauf künstlerischer Prozesse, der in hohem Maße von einer Vielzahl zu treffender Entscheidungen geprägt ist, sowohl in Bezug auf die Entstehung einzelner Arbeiten als auch in Relation zur Gestaltung der gesamten eigenen Karriere. Es ist daher verständlich, wenn der zeitgenössische Künstler als Prototyp des modernen, individualisierten Menschen betrachtet wird. Ob das Individuum, sei es als Künstler oder „normaler“ Mensch, tatsächlich einen so großen Einfluss durch eigenen Entscheidungen auf den Verlauf seines Lebens hat oder es sich vielmehr um eine Illusion der modernen Gesellschaft handelt, die losgelöst von traditionellen Sicherheiten den Einzelnen vielmehr verstärkt von Zufällen und gesellschaftlich organisierten Institutionen wie Gesetzen und der Wirtschaftslage abhängig macht, wird dem Betrachter überlassen. Text: Melanie Bono


*Acrylglas, Schnur, 430 x 230 cm